From: Theodor.Schlickmann@cec.eu.int
Date: Wed Oct 30 2002 - 16:15:13 CET
Brüssel, 30.10.2002 - Der Bericht der von Gisela Stuart aus Großbritannien
geleiteten Arbeitsgruppe des Konvents zur Rolle der einzelstaatlichen
Parlamente wurde von den Konventsmitgliedern äußerst positiv aufgenommen,
die einhellig der Meinung waren, dass eine bessere Einbeziehung der
einzelstaatlichen Parlamente in den europäischen Integrationsprozess
wünschenswert sei. Mehrheitliche Ablehnung erfuhr bei der Debatte bis jetzt
jedoch der Vorschlag zur Schaffung eines Kongresses, bestehend aus
Vertretern der einzelstaatlichen Parlamente und des Europäischen Parlaments.
Der schwedische Abgeordnete Sören Lekberg äußerte sich skeptisch zu diesem
Vorschlag und er meinte, dass die Beteiligung der Parlamente an den Arbeiten
der COSAC und des Konvents ausreichend sei. Kommissar Michel Barnier
befürwortete "Sitzungen" der Parlamente untereinander, sprach sich aber
gegen die Schaffung einer neuen Institution aus. Solche Vorbehalte gegenüber
der Schaffung einer zusätzlichen Institution, zu einem Zeitpunkt, wo der
Konvent über die Vereinfachung nachzudenken hat, kamen auch vom Vertreter
des Bundestages Jürgen Meyer, vom österreichischen Abgeordneten Caspar
Einem, vom niederländischen Abgeordnetem Frans Timmermans und vom Vertreter
des irischen Parlaments Proinsias De Rossa, der sagte, dass die Union nicht
noch ein "Beratungsorgan" bräuchte. Der österreichische Grünenabgeordnete
Johannes Voggenhuber (EP-Mitglied) sprach von einer "sonderbaren Idee, die
lieber begraben werden sollte", weil sie vor allem dazu dient, den Einfluss
der Regierungen zu verstärken, indem die einzelstaatlichen Parlamente von
ihrer eigentlichen Aufgabe der Kontrolle ihrer Exekutivvertreter im Rat
abgelenkt werden würden. Der deutsche Christdemokrat und EU-Abgeordnete
Elmar Brok vertrat die Auffassung, dass damit der Europäische Rat und der
Kongress an die Spitze des institutionellen Gebäudes rücken würden, bei
gleichzeitiger Schwächung der Rolle des Europäischen Parlaments und der
Kommission. Die niederländische Christdemokratin und ebenfalls
EU-Abgeordnete Hanja Maij-Weggen wies darauf hin, dass sich nur zwei
Mitglieder der Arbeitsgruppe für diesen Gedanken des Präsidenten Giscard d'
Estaing ausgesprochen hätten. Sie unterstrich ihre persönliche Abneigung
gegenüber der Schaffung einer neuen Institution und schlug vor, den Konvent
im Hinblick auf künftige Änderungen am Verfassungsvertrag in diesem zu
verankern und ihm den Namen "Kongress" zu geben. So werde "Giscard
d'Estaings Zögling" nicht völlig im Stich gelassen, auch wenn es "zum
Schluss kein Mädchen mehr ist , sondern ein Junge".
Der stellvertretende italienische Premierminister Gianfranco Fini sprach
sich für eine bessere Einbeziehung der einzelstaatlichen Parlamente aus,
wobei auch er einschätzte, dass ein Kongress den institutionellen Rahmen
noch komplexer machen würde. Ein solcher Kongress könne seines Erachtens nur
von politischer und nicht institutioneller Art sein. Der deutsche
Außenminister Joschka Fischer, der erst vor kurzem im Konvent vertreten ist,
meinte, dass ein solcher Kongress nur Sinn machen würde, wenn er die
demokratische Kontrolle verbesserte und nicht in einen rein feierlichen
Rahmen eingezwängt wäre. Eine Schwächung des Europäischen Parlaments bzw.
die Beauftragung eines solchen Kongresses mit der Ernennung des Präsidenten
der Kommission käme für ihn überhaupt nicht in Frage, da diese Rolle
eindeutig dem EP zukommt. Der stellvertretende türkische Premierminister
Mesut Yilmaz fand die Idee interessant, aber nur unter der Bedingung, dass
damit das institutionelle Gleichgewicht nicht beeinträchtigt werde.
-----Original Message-----
From: Marc-Oliver Pahl [mailto:info@mopahl.de]
Sent: mardi 29 octobre 2002 14:22
To: Bündnis 90/Grüne BAG Europa; Bündnis 90/Die Grünen Europa AG; JEF
Verfassung
Subject: [Fwd: PM 0572/2002 (EU-Verfassungskonvent)]
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