[Heise Ticker <list@winnegan.de>] Bundesregierung will Telekommunikation lückenlos überwachen

From: Siggy Brentrup (bsb@winnegan.de)
Date: Sun Feb 18 2001 - 17:29:43 CET

  • Next message: Christian Weerts: "Linux Begriffe"

    Moin,

    das schlägt doch wohl dem Fass den Boden aus.

    Grüsse
      Siggy


    attached mail follows:



    http://www.heise.de/newsticker/data/fr-18.02.01-000/

    Bundesregierung will Telekommunikation lückenlos überwachen

    Mit dem jüngsten Entwurf der Telekommunikations-Überwachungsverordnung
    (TKÜV) plant die Bundesregierung, die letzten Lücken bei der Überwachung
    der Telekommunikation zu schließen und auch den E-Mail-Verkehr der
    umfassenden Kontrolle der Strafverfolger zu unterwerfen. Der Entwurf für
    eine "Verordnung über die technische und organisatorische Umsetzung von
    Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation" liegt Telepolis[1] vor
    und soll in den nächsten Tagen auf der Homepage des
    Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi[2]) veröffentlicht werden.
    Internetprovider müssten bei der Verabschiedung des Entwurfs durch das
    Kabinett in Zukunft genauso wie Telcos Lauscheinrichtungen installieren
    und auf Abruf Verbindungsdaten und die Mailkommunikation an die
    "Bedarfsträger" übermitteln.

    Ob die Anforderung den formalen gesetzlichen Bestimmungen entspricht,
    muss der zum Abhören Verpflichtete dem Verordnungsentwurf entsprechend
    selbst prüfen. Findet er keine Fehler, ist sie "unmittelbar" umzusetzen.
    Die Abhörspezialisten gehen davon aus, dass "der technische und
    betriebliche Vorgang der Einrichtung einer angeordneten Überwachungsmaßnahme
    erfahrungsgemäß im Regelfall innerhalb von zehn Minuten abgeschlossen"
    sein kann. Dies geht aus der Begründung zu dem Papier hervor. Außerhalb
    der üblichen Geschäftszeiten gilt eine Frist von sechs Stunden bis zum
    Start des Lauschangriffs.

    Grundsätzlich sollen alle Betreiber von Telekommunikationsanlagen, die
    ihre Dienste der Öffentlichkeit anbieten, zur Aufzeichnung und
    Weiterleitung der Kommunikationsdaten an Strafverfolger verpflichtet
    werden. Ob es sich um Sprach- oder Datenübertragungen handelt, ob der
    Abzuhörende ein Handy oder einen ISDN-Anschluss nutzt, spielt dabei
    keine Rolle. Die entsprechenden technischen Vorkehrungen müssen die
    Telekommunikationsanbieter auf eigene Rechnung anschaffen. Vor der
    Inbetriebnahme ihrer Anlagen ist eine Abnahme der Überwachungsausrüstung
    durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post einzuholen.
    Sonst drohen Geldbußen bis zu 20.000 Mark.

    Es gibt allerdings gegenüber den Vorgängerentwürfen einige Abänderungen.
    So brauchen Anbieter keine Überwachungstechniken vorhalten, wenn ihre
    Anlagen ausschließlich der Verteilung oder dem Abruf von Informationen
    dienen. Laufen auf einem Server etwa nur an die Öffentlichkeit
    gerichtete Webangebote oder Chat-Foren, in die sich Strafverfolger
    sowieso einklinken können, müssen keine Abhörschnittstellen nachgerüstet
    werden. Dasselbe gilt für Netze mit Datenübertragungsraten von über 2
    MBit/s. Betreibern von Telekommunikationsanlagen, die nicht mehr als
    2000 Endnutzer versorgen, soll zudem die Möglichkeit offen stehen, sich
    einen "Gerätepark" für den Lauschangriff mit mehreren Verpflichteten zu
    teilen. Aufatmen können dem neuen Entwurf zufolge Betreiber von
    Nebenstellenanlagen, unternehmensinterner Telekommunikationsanlagen und
    von Firmennetzwerken. Deren Daten sollen zwar grundsätzlich anzapfbar
    bleiben, doch müssen sie nicht in Vorleistung treten.

    Was die Kosten[3] angeht, so sucht das BMWi zu beruhigen: "Die TKÜV als
    solche verursacht grundsätzlich keine zusätzlichen Kosten, sie wirkt
    sich im Gegenteil infolge der damit bereitgestellten Vorgaben
    standardisierenden Charakters und der Einschränkung des Kreises der
    Betreiber, die zur Gestaltung und Vorhaltung entsprechender technischer
    Einrichtungen verpflichtet sind, insgesamt kostendämpfend aus."

    Unklar bleibt angesichts der geplanten Ausweitung der Überwachungsbefugnisse,
    wie die TKÜV mit der geplanten Novellierung des
    Bundesdatenschutzgesetzes (siehe dazu: Reform des Datenschutzes soll
    anonymen Netzzugang fördern[4]) und der finanziellen Förderung eines
    Anonymisierungsdienstes[5] zusammenspielen soll.

    Mehr in Telepolis: Privacy oder Überwachungsstaat - Rot-Grün kann sich
    nicht entscheiden[6]. (Stefan Krempl) (fr[7]/tp)

    Links:
    [1] http://www.heise.de/tp
    [2] http://www.bmwi.de
    [3] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-19.01.01-006/
    [4] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4689/1.html
    [5] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4945/1.html
    [6] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4954/1.html
    [7] mailto:fr@tp.heise.de

    _______________________________________________
    heise-ticker mailing list
    http://matti.winnegan.de/mailman/listinfo/heise-ticker



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