Fischer am 21.01.2003 im Konvent zu den Institutionen

From: Marc-Oliver Pahl (info@mopahl.de)
Date: Wed Jan 22 2003 - 09:59:06 CET

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    -------- Original Message --------
    Betreff: Neue Reden des Auswärtigen Amtes
    Datum: Wed, 22 Jan 2003 09:09:01 +0100
    Von: listmaster@personalpool.auswaertiges-amt.de
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    "Die institutionelle Architektur der Union - Deutsch-französische Konventsinitiative" - Redebeitrag
    von Bundesaußenminister Fischer in der Plenarsitzung des Europäischen Konvents am 21.01.2003

    Im Konvent gibt es zwei unterschiedliche Herangehensweisen an
    die künftige institutionelle Architektur: Einige konzentrieren
    ihre Überlegungen auf die Rolle des Rates und seiner
    Vorsitzfrage, andere auf die künftige Rolle des Europäischen
    Parlaments und der Kommission. Deutschland und Frankreich haben
    den Versuch unternommen, diese scheinbar gegensätzlichen
    Sichtweisen in einem Modell zusammenzuführen – mit dem Ziel
    einer demokratischen und handlungsfähigen Union. Wir hoffen,
    dass unsere gemeinsame Anregungen dem Konvent einen wichtigen
    Impuls für seine Beratungen geben können.

        Prioritäres Ziel ist eine stärkere demokratische
            Legitimation der Kommission und eine Stärkung des
            Europäischen Parlaments - der beiden zentralen
            Institutionen der Integration. Mit der Wahl des
            Kommissionspräsidenten durch das Europäische Parlament
            gewinnen beide Organe: das Parlament an politischem
            Einfluss, die Kommission an Legitimität. Am meisten aber
            gewinnt der Unionsbürger, der erstmals mit seiner Stimme
            bei der Europawahl Einfluss auf die Wahl des
            Kommissionspräsidenten nehmen kann. Dies wird die Sicht
            der Bürger auf die Union positiv beeinflussen und den
            politischen Willensbildungsprozess in Europa von Grund
            auf neu gestalten. Gleichzeitig werden der
            Kommissionspräsident durch eine Richtlinienkompetenz und
            die Kommissare durch ein individuelles Weisungsrecht
            gestärkt, während das Europäische Parlament durch
            generelle Anwendung des Mitentscheidungsverfahrens als
            Mitgesetzgeber deutlich aufgewertet wird.
        Zum anderen wollen wir den nationalen Vorsitz im
            Europäischen Rat durch einen auf längere Zeit
            gewählten Vorsitzenden ablösen. Wer die Funktionsweise
            des rotierenden Vorsitzes kennt, dem wird es schwer
            fallen, sich seine Arbeit mit 25 und mehr Mitgliedern
            effizient vorzustellen. Dieser gewählte Vorsitz wird
            dazu beitragen können, die Handlungsfähigkeit einer auf
            25 Mitglieder erweiterten Union zu sichern. Nun kommt es
            darauf an, auf der Grundlage der bestehenden
            Aufgabenteilung in der Praxis sicherzustellen - und ich
            kenne mich aus mit Doppelspitzen -, dass sich der
            ER-Vorsitzende und der KOM-Präsident nicht ins Gehege
            kommen. Das muss geregelt werden. Je enger sie
            zusammenarbeiten, desto besser wird die Union
            funktionieren.
        Mit dem Europäischen Außenminister, der den Vorsitz im
            Rat bei außenpolitischen Fragen führt und zugleich
            Mitglied der Kommission mit Sonderstatus ist, wird Europa
            endlich das lang ersehnte einheitliche Gesicht auf der
            internationalen Bühne erhalten. Statt durch 4 Personen
            (Außenminister des Vorsitzlandes, des künftigen
            Vorsitzes, Hoher Vertreter und Außenkommissar) wird die
            Union in der operativen Außenpolitik nur noch durch eine
            Person vertreten. Der Europäische Außenminister muss
            sich auf einen leistungsfähigen europäischen
            diplomatischen Dienst abstützen können. Zusammen mit
            der flächendeckenden Einführung der qualifizierten
            Mehrheit für die GASP - ein ganz wichtiger Punkt -, mit
            der Ausnahme von militärischen und
            verteidigungspolitischen Fragen, – und zwar ohne
            Blockademöglichkeit für einzelne Mitgliedstaaten,
            selbst bei Berufung auf ein "nationales
            Interesse" - werden wir Europas Rolle in der Welt
            entscheidend stärken können.

    Insgesamt bedeutet die beschriebene Architektur eine neue
    Qualität in der europäischen Zusammenarbeit. Sie ist meines
    Erachtens - wie sollte es auch anders sein - ein Kompromiss, der
    die unterschiedlichen Positionen und Interessen zusammenführt
    auf dem Weg der Union zur Föderation der Nationalstaaten.

    Der
    Europäische Konvent
    Deutsch-Französischer
    Beitrag zum Europäischen Konvent über die institutionellen
    Architektur der Europäischen Union, 15.01.2003, pdf, 20 kb

    weitere Informationen und Links unter:
    http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/eu_politik/ausgabe_archiv?archiv_id=3982&type_id=3&bereich_id=4

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