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Spiegel Online: Kanther vollautomatisch (fwd)

Hauke Johannknecht (ash@ash.de)
Fri, 31 Jul 1998 16:24:12 +0200 (MET DST)

Date: Fri, 31 Jul 1998 16:24:12 +0200 (MET DST)
From: Hauke Johannknecht <ash@ash.de>
To: "#Linux.de Mailingliste" <linux.de@klammeraffe.org>,
Subject: Spiegel Online: Kanther vollautomatisch (fwd)
Message-ID: <Pine.LNX.4.02.9807311623180.5231-100000@mdma.ash.de>

---------- Forwarded message ----------
Date: Fri, 31 Jul 1998 15:01:09 +0000
Subject: Spiegel Online: Kanther vollautomatisch

Der Brueller der Woche:

Manfred Kanther vollautomatisch

Von Niklaus Habl=FCtzel

Nicht mehr suchen, nur noch finden: Die Kanther-Engine liefert Kindersch=E4=
nder und Asylbewerber im Original.

Manfred Kanther, der amtierende deutsche Innenminister, hat bisher wenig Gl=
=FCck gehabt mit dem Internet.
Wie jeder Innenminister der Welt m=F6chte auch er gerne ein Kryptographiege=
setz haben, ein Gesetz, das
den strafm=FCndigen B=FCrgern entweder ganz verbietet, ihre elektronischen =
Briefe zu verschl=FCsseln oder
wenigstens der Polizei einen Hintereingang =F6ffnet. Doch der Christdemokra=
t kam damit nie richtig voran.
Die Industrie ist dagegen, die Liberalen in der Regierung auch. Die meisten=
Sozialdemokraten w=E4ren im
Grunde ihres Herzens daf=FCr, aber eine gro=DFe Kryptokoalition ist aus wah=
ltaktischen Gr=FCnden ausgeschlossen.
Und die Konservativen in der CDU, die auch daf=FCr w=E4ren, verstehen nicht=
, worum es =FCberhaupt geht. Die
Kryptographie im Internet hat nur entfernt etwas mit der Krypta in der Kirc=
he zu tun, die unter diesen
Parteifreunden besser bekannt ist.

Es kam noch schlimmer. Der smarte Wissenschaftsminister R=FCttgers brachte =
sein Multimediagesetz nur
durch den Bundestag, weil er die Frage der Datenverschl=FCsselung ausklamme=
rte. Ausgerechnet der
liberale Wirtschaftsminister Rexrodt f=FCllte die L=FCcke aus - mit der "Re=
gulierungsbeh=F6rde f=FCr Telekommunikation",
die ihm der scheidende Postminister aus der CSU hinterlie=DF. Die Erbbeamte=
n sind ausgesprochen flei=DFig und
produzieren immer neue Papiere, in denen sie erkl=E4ren, wie sie jedes ein=
zelne Bit jedes einzelnen B=FCrgers
=FCberwachen wollen. Wer seine Post verschl=FCsselt, ist bei ihnen in jedem=
Fall schon jetzt verd=E4chtig, auch
wenn es noch gar kein Gesetz des daf=FCr eigentlich zust=E4ndigen Innenmini=
sters gibt.

Davon versteht Rexrodt zwar kein Wort, aber von Manfred Kanther war jetzt e=
rst recht nicht mehr die Rede.
Am Wochenende kehrte er zur=FCck, die Diskussion =FCber Kinderpornographie =
gab ihm die Gelegenheit.
Er werde, lie=DF er seine Sprecherin sagen, eine neue Software in Auftrag g=
eben, mit der es "den Fahndern
m=F6glich wird, Kinderpornographie automatisiert im Internet zu finden."

Das war der Befreiungsschlag. Die Idee lag in der Luft: nicht mehr suchen, =
nur noch vollautomatisch
finden! Der Markt ist unersch=F6pflich. Denn es ist ja gar nicht die Krimin=
alpolizei, die eine Kanther-Engine
braucht. Wie gut die Polizei suchen kann, sehen wir in jedem Fernsehkrimi. =
Bei Politikern ist das eher ein
Problem. Sie brauchen wohl wirklich ein solches Programm, das sich nur eine=
r ihresgleichen ausdenken
konnte. Kanther selbst braucht es f=FCr seine Asylbewerber, der CDU-General=
f=FCr seine roten Socken, die
Gr=FCnen f=FCr ihre Inlandsfl=FCge, Kanzleraspirant Schr=F6der f=FCr seine =
Betriebsr=E4te und wenn es Microsoft erst
einmal ordentlich aufgebl=E4ht und gegen s=E4mtliche bisher bekannten Suchm=
aschinen als Standard
durchgesetzt hat, wird es zweifellos auch im Wohnzimmer Einzug halten. Gehi=
rn ist dann auch dort entbehrlich.
Kindersch=E4nder k=F6nnen gleich das Original installieren, die anderen m=
=FCssen nur ein wenig an den Einstellungsmen=FCs
herumfummeln, dann liefert die Kanther-Engine je nach Geschmack auch Hitler=
s Tageb=FCcher, Baseballschl=E4ger,
Mollis und Wurfanker f=FCr Castorstrecken.

Manche allerdings k=F6nnten auf die Idee kommen, beim n=E4chsten Wahlkampf =
ihre Kanther-Engine (TM)
auf deutsche Innenminister einzustellen. Vor allem den Zeitungen w=E4re die=
se Version sehr zu empfehlen.
Damit k=F6nnten die Sonntagsschichten in den Redaktionen ihre Montagsausgab=
en vollautomatisch von
den Wochenendinterviews freihalten, deren einziger Inhalt eine Profilneuros=
e ist.

SPIEGEL ONLINE 31/1998 - Vervielf=E4ltigung nur mit Genehmigung des SPIEGEL=
-Verlags

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Hendrik H. Fulda,       IBM Certified Warp Drive Engineer & TeamOS/2
e-mail: hhf@teamos2.de - phone +49 177 215 10 09 - PGP key available
German top-level TeamOS/2 WWW Page:        http://www.teamos2.de/
   TeamOS/2: Bother, we will. Fight, we must. And win, we shall.
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