Beschluss des EUD-Präsidiums zur Außen- und Sicherheitspolitik

From: Marc-Oliver Pahl (info@mopahl.de)
Date: Sat Feb 01 2003 - 22:30:05 CET

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    Sehr geehrter Damen und Herren,

    das Präsidium der Europa-Union Deutschland
    hat am 31.1.2003 einen Beschluss zur
    europäischen Außen- und Sicherheitspolitik getroffen.

    Im Vergleich zur Beschlussvorlage der Konvents-AG
    von EBD und EUD wurde auf Wunsch von Präsident Brok der Punkt 4
    (zum Präsidenten des Europäischen Rats) gestrichen.

    In Punkt 9 wurde ergänzt
    "Zudem sind Rüstungsgüter in den Binnenmarkt einzubeziehen."

    Der vollständige Beschluss am Ende der Mail und
    als Anlage anbei.

    Im Präsidium wurde angeregt, dass der EUD-Präsident diesen
    Beschluss zusammen mit einer Presseerklärung zur
    8er Zeitungsanzeige an die Medien weiterleiten möge.

    Marc-Oliver Pahl

    Mitglied des Vorstands/Member of the Bureau
    Union Europaeischer Foederalisten/Union of European Federalists (UEF)
    Secretariat : 214 D, Chaussée de Wavre, B-1050 Brussels
    Tel : +32-(0)2-508 30 30, Fax : -626 95 01
    mailto:uef.european.federalists@skynet.be
    http://www.federaleurope.org
    *****************************
    Europa-Union Deutschland / Europäische Bewegung Deutschland

    Die Außen- und Sicherheitspolitik der EU muss gestärkt und demokratisch kontrolliert werden

    Beschluss des Präsidiums der Europa-Union Deutschland v. 31.1.2003

    Die Arbeiten des Konvents zur Zukunft der EU befinden sich in der Schlussphase. Wesentliche
    Grundsatzentscheidungen zeigen in die richtige Richtung. Hierzu gehören die Einigung auf eine
    Verfassungsstruktur, die Integration der Grundrechtscharta in die Ver-fassung und die Befürwortung
    einer einheitlichen Rechtspersönlichkeit. Zugleich werden derzeit aber auch vermehrt Widerstände der
    Vertreter überholter nationaler Konzepte er-kennbar. Dies betrifft vor allem auch die künftige
    Außen- und Sicherheitspolitik der EU und ihre militärische Dimension.

    Gerade hier sehen die Bürgerinnen und Bürger einen besonders großen Reformbedarf. Die Stärkung der
    außenpolitischen Handlungsfähigkeit der EU ist dringend erforderlich. Europas Initiativen zum Aufbau
    einer internationalen Rechts- und Friedensordnung, einer gerechten und nachhaltigen
    Wirtschaftsordnung und einer globalen Umweltordnung wer-den nur erfolgreich sein, wenn die EU nach
    außen mit einer Stimme spricht. Eine wir-kungsvolle europäische Außenpolitik muss zudem ausreichend
    demokratisch legitimiert sein und über eine ausreichende finanzielle Ausstattung für operative
    Aktionen verfügen können.

    Die Empfehlungen der Konvents-Arbeitsgruppen „Außenpolitisches Handeln“ und „Verteidigung“ sowie die
    gemeinsame französisch-deutsche Initiative enthalten zwar einige positive Elemente, z.B. die
    Schaffung des Amtes eines Europäischen Außenministers, sie greifen aber in vielen Bereichen zu kurz.
    Dies wird vor allem bei der Frage des Übergangs zu Mehrheitsentscheidungen erkennbar.

    Die Europa-Union Deutschland und der Europäischen Bewegung Deutschland appellieren an die deutschen
    Konventsvertreter, Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat und an alle anderen Akteure im
    Konventsprozess, folgenden Forderungen Rechnung zu tragen:

    1. Die fundamentalen Werte und Ziele für die Außenbeziehungen der EU sind in der Verfassung klar zu
    verankern. Oberste Ziele sollten dabei Friedenssicherung und Krisenverhütung sein.

    2. Die außenpolitischen Kompetenzen der EU sind zu stärken. Die gesamte Außenwirtschaftspolitik soll
    zu einer ausschließlichen Zuständigkeit der EU werden. Die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die
    Entwicklungszusammenarbeit sollten schon jetzt im Wesentlichen in die Kompetenz der EU fallen,
    mittelfristig müssen auch diese Bereiche in die ausschließliche Kompetenz der EU übergehen. Falls
    nicht alle EU-Staaten von Anfang an bei der gemeinsamen europäischen Verteidigungs-politik
    teilnehmen wollen, muss den hierzu bereiten Staaten im Rahmen der EU die verstärkte Zusammenarbeit
    eröffnet werden.

    3. Die operative Wahrnehmung der Außenbeziehungen muss zumindest in allen Bereichen in
    ausschließlicher und überwiegender Kompetenz der EU durch die Kommission erfolgen. Auch in den
    Außenbeziehungen ist die allgemeine politische Zuständigkeit des Kommissionspräsidenten zu wahren.
    Allerdings kann für eine Ü-bergangszeit hingenommen werden, dass der Rat bei der Benennung des
    Außenkommissars bzw. des europäischen Außenministers beteiligt ist und dieser auch dem Rat
    verantwortlich ist. Bereits jetzt sollte jedoch die Entscheidung getroffen werden, dass die außen-
    und sicherheitspolitischen Einheiten des Ratssekretariats in absehbarer Zeit in die Kommission
    überführt werden.

    4. Auch in der Außen- und Sicherheitspolitik muss im Rat in Zukunft mit qualifizierter Mehrheit
    abgestimmt werden. Für einen Übergangszeitraum könnte bei Maßnahmen mit militärischem Bezug das
    Instrument der konstruktiven Enthaltung genutzt werden. Über die eigene Teilnahme an operativen
    militärischen Maßnahmen sollten die Mit-gliedstaaten bis auf weiteres eigenständig entscheiden
    können.

    5. Die demokratische Legitimation der EU-Maßnahmen und damit die Rolle des Eu-ropäischen Parlaments
    in den Außenbeziehungen, insbesondere auch in militäri-schen Fragen, muss deutlich gestärkt werden.
    Das Europäische Parlament sollte insbesondere bei einer Entscheidung über den Einsatz militärischer
    Mittel mitwirken können. Die demokratische Legitimation und Kontrolle der Regierungsvertreter im Rat
    durch die mitgliedstaatlichen Parlamente kann nur ergänzenden Charakter ha-ben.

    6. Für die Außenbeziehungen einschließlich der militärischen Maßnahmen müssen im EU-Haushalt
    ausreichende Finanzmittel bereitgestellt werden.

    7. Der Einsatz ziviler Mittel und der Ausbau der zivilen Fähigkeiten und Instrumente (Polizeikräfte,
    humanitäre Hilfe, Rechts- und Verwaltungsberatung etc.) muss Vor-rang vor militärischen Maßnahmen
    haben. Der Einsatz militärischer Gewalt sollte nur als ultima ratio und auf Grundlage eines
    UNO-Mandats zulässig sein.

    8. Die sicherheitspolitische Solidarität der Mitgliedstaaten sollte dadurch gestärkt wer-den, dass
    die Beistandsklausel des Art. 5 WEU-Vertrags der Verfassung als fakultatives Zusatzprotokoll
    beigefügt wird. Die Mitgliedstaaten können frei entschei-den, ob sie diesem Protokoll beitreten.

    9. Die Beschaffung von Ausrüstung muss besser abgestimmt werden, um gemein-same Operationen zu
    erleichtern und finanzielle Einsparungen zu ermöglichen. Dazu sollte eine Europäische Ausrüstungs-
    und Forschungsagentur eingerichtet werden. Zudem sind Rüstungsgüter in den Binnenmarkt
    einzubeziehen. Die Waffenexportpolitik ist rechtlich verbindlich zu harmonisieren. An Abnehmer
    außerhalb des NATO-Gebiets sollten Waffen nur sehr restriktiv geliefert werden dürfen.

    10. Die EU und NATO sollen auch künftig in allen sicherheitsrelevanten Fragen eng zusammen arbeiten,
    wo dies möglich erscheint. Kostenträchtige und sicherheitspoli-tisch gefährliche Doppelstrukturen
    sind zu vermeiden.

    11. Die EU sollte in internationalen Institutionen und auch in Drittstaaten durch ge-meinsame
    Vertreter agieren. Insbesondere ist ein permanenter Sitz der EU im Si-cherheitsrat der UNO
    anzustreben. Die in EU-Vertretungen umgewandelten Delegationen der Kommission in Drittstaaten sollen
    eng mit den diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten im jeweiligen Land zusammenarbeiten.
    Schrittweise sollen gemeinsame EU-Botschaften entstehen.




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