From: Marc-Oliver Pahl (info@mopahl.de)
Date: Fri Aug 02 2002 - 09:45:00 CEST
naja
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Hänsch für Wahl von EU-Präsident
Aus der FTD vom 2.8.2002
Der deutsche Vertreter im einflussreichen Präsidium von Europas
Verfassungskonvent hat sich für die Wahl eines EU-Ratspräsidenten ausgesprochen. Klaus
Hänsch ist der erste deutsche Europapolitiker von Gewicht, der sich für
einen gewählten Ratspräsidenten ausspricht.
"Die Idee eines gewählten EU-Ratspräsidenten ist gut, wenn einige
Bedingungen erfüllt werden", sagte der Europa-Abgeordnete Klaus Hänsch im
Interview der Financial Times Deutschland. Wichtigste Voraussetzung sei, dass
die Machtbalance zwischen dem Europäischen Rat der Staats- und
Regierungschefs, der EU-Kommission und dem Europaparlament gewahrt bleibe. "Der
Kommissionspräsident muss dann durch das EU-Parlament gewählt werden", sagte der
Sozialdemokrat. "Außerdem muss das Parlament im gesamten Bereich der
Unionsgesetzgebung volle Mitentscheidungsrechte bekommen." Zurzeit entscheiden die
Abgeordneten nur bei etwa drei Viertel der EU-Gesetzgebung mit.
Position der SPD wie auch der Unionsparteien ist es bislang, die
Kommission durch den Konvent zu einer starken europäischen Exekutiven zu machen,
mit einem Kommissionspräsidenten, der vom Europaparlament gewählt wird.
Der Verfassungskonvent soll bis Frühjahr 2003 einen Verfassungsvertrag
für die EU entwerfen.
Deutschland steht im Widerspruch zu großen Mitgliedsstaaten wie
Frankreich und Großbritannien, die im Konvent für einen gewählten
Ratspräsidenten plädieren. Doch der Sozialdemokrat sieht Raum für Kompromisse bei der
Idee: "Ich weiß, dass es einen Fundamentalwiderstand zumindest in der
Bundesregierung nicht gibt."
Europas Außenpolitischer Vertreter
Hänsch sieht in dem gewählten Ratsvorsitzenden "den Repräsentanten
Europas nach außen mit einer größeren politischen Legitimation". Der
Kommissionspräsident hingegen würde sich um die Innenbelange der EU kümmern. Entscheidend
wäre, dass der halbjährlich rotierende EU-Ratsvorsitz abgeschafft werde und
der Ratspräsident für einen längeren Zeitraum ernannt werde. Gewählt
werden könnte er in Anlehnung an die Bundesversammlung zur Wahl des
Bundespräsidenten von einem Kongress, in dem Europa- und nationale Parlamentarier
vertreten wären.
Gegenwärtig ist der frühere Nato-Generalsekretär Javier Solana
Europas außenpolitischer Vertreter. Er wurde von den 15 Staats- und
Regierungschefs zwar ernannt, ist aber als Generalsekretär des EU-Ministerrats nur
ein hoher Beamter der EU.
Das Konventsmitglied glaubt nicht, dass die EU-Staaten ihre nationale
Kompetenz für Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik aufgeben werden.
"Doch wenn die Regierungen einen gewählten Ratspräsidenten einsetzen,
müssen sie ihm die Kompetenz geben, die Union in Krisen wie nach dem 11.
September allein nach außen zu vertreten", sagte Hänsch. Die EU hatte damals
ihre außenpolitische Glaubwürdigkeit verloren, weil die Regierungschefs
der großen Länder nach Washington flogen, statt Solana dorthin zu
schicken.
Gemeinsame EU-Außenpolitik
Hänsch widerspricht Bedenken kleinerer EU-Staaten, mit einem
Ratspräsidenten würden sie noch stärker marginalisiert: Der gewählte Präsident werde
die Außenpolitik der EU gemeinsam organisieren. Die Alternative wäre,
"dass die großen Mitglieder informell ein Direktorium bilden". Solche
Überlegungen gibt es in Frankreich und Großbritannien.
Der Präsidiumsvertreter kritisiert, dass viele Vorschläge im Konvent
noch nicht durchdacht seien. Als Beispiel nannte er die Wahl des
Kommissionspräsidenten oder gar der gesamten Kommission, wie sie einige Konventsmitglieder
fordern. "Wenn die gesamte Kommission als politisch parteiisches Organ
angesehen werden muss, würde das die ideologische Akzeptanz von
Kommissionsentscheidungen in den Mitgliedsstaaten sehr erschweren." Das könne zu Debatten über
das bislang exklusive Initiativrecht oder andere weitreichende
Zuständigkeiten der Kommission führen, so Hänsch, der im Konvent eine Arbeitsgruppe
zur EU-Wirtschaftsverfassung leitet.
Ob die Kommission ein Vorschlagsrecht für die wirtschaftspolitischen
Leitlinien der EU-Mitgliedsstaaten erhalten soll, werde seine Arbeitsgruppe
deshalb erst entscheiden, wenn Klarheit über die Institutionen der EU
bestehe.
Dieser Artikel ist im Internet abrufbar unter der URL:
http://www.ftd.de/pw/eu/1028174404482.html?nv=nl
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